TransSib

Mit der Transsibirischen Eisenbahn von Moskau über Irkutsk, den Baikalsee, Khabarovsk nach Vladivostok und mit der Fähre nach Korea. September 2009

Im Spätsommer 2009 haben wir, Juliane und ich, uns relativ spontan entschieden, endlich den alten Traum von einer Reise mit der TransSib wahr werden zu lassen. Die Idee, fast 2 Kontinente bzw. knapp 9.300km komplett auf dem Landweg zu durchqueren, der Blick auf die Weltkarte in unserer Küche und das Verfolgen der Route von Moskau rüber bis an den Pazifik gegenüber von Japan war einfach unwiderstehlich.

Da wir organisierte Reisen generell nicht besonders mochten, wollten wir die Tour auf eigene Faust machen. Ausgerüstet mit dem Lonely Planet für die TransSib machten wir uns an die Internet-Recherche und fanden bald einige Seiten, über die man Tickets für die Route buchen konnte, wobei die Seiten sehr unterschiedlich waren, was Seriosität und Bedienerfreundlichkeit angeht (teilweise auf russisch/kyrillisch), letztlich haben wir aber die Tickets als Online-Tickets buchen können. Die E-Tickets sollte man in Moskau am Bahnhof in richtige Tickets umtauschen, was uns ein bißchen nervös machte, letzlich aber gut klappte.

Allgemeines zur Transsibirischen Eisenbahn:

Der Baikal Express MOCKBA-Irkutsk

Wir gingen davon aus, daß die TransSib mehr oder weniger eine Touri-Institution ist. Nope! Die Zugstrecke entlang der südlichen Grenze von Sibirien ist gewissermaßen die Lebensader für den riesigen Osten Russlands hinter dem Ural. Die TransSib ist auch nicht nur ein einzelner Zug, sondern beschreibt die Haupttrasse, von der zahlreiche Verästelungen abgehen. Und es fahren Dutzende Züge jeden Tag, manche nur von Moskau bis Irkutsk, es gibt andere von Novosibirsk oder Jekaterinburg bis Vladivostok usw., man kann sich also viele Verbindungen raussuchen. Wichtig: Man muss alles vorher buchen, kann auf der Strecke nicht mal eben aussteigen, sich die Stadt ansehen und dann den nächsten Zug nehmen, denn alles läuft über Reservierungen. Hierbei ist die Faustregel zu beachten, daß jede Unterbrechung den Fahrpreis erhöht, wer also z.B. in Perm, Jekaterinburg und Novosibirsk aussteigen will, zahlt deutlich mehr als für „Irkutsk direkt“. Da unser Zeitbudget begrenzt war, haben wir die Tips von Bekannten und den Büchern beherzigt, wonach sich die Städte vor Irkutsk nicht wirklich lohnen, und haben „durchgebucht“ bis Irkutsk und danach noch einen Stop in Khabarovsk, der angeblich schönsten Stadt in Sibirien, eingebaut.

Es gibt zahlreiche Anbieter für Tickets im Netz, die sich preislich zum Teil sehr unterscheiden. Unser Ticketbroker existiert nicht mehr, über RealRussia, eine englische Seite, habe ich im Netz gute Kritiken gelesen, die Seite ist übersichtlich gemacht und die Preise sind sehr fair.

Ganz wichtig: Die komplette Transsib läuft nach Moskauer Zeit. Da man bis Vladivostok 7 Zeitzonen durchquert, führt das teilweise zu bizarren Situationen, so fuhr unser Zug in Khabarovsk um 12.30 Uhr Moskauer ab, in Khabarovsk war es aber „eigentlich“ schon 19.30 Uhr. Daher sollte man immer eine zweite Uhr haben, die die Moskauer Zeit anzeigt (im Handy z.B.).

Zugtypen und Abteilklassen:

„Kupe“. 2. Klasse (4 Betten)

Die Züge lassen sich grob in 3 Kategorien unterteilen: Die sog. „Firmeny Pojesd“ haben i.d.R. Namen wie „Baikal Express“, „Rossija“, „Jenissej“, tragen ein- oder niedrige zweistellige  Zugnummern, sind Schnellzüge (wenige Stops) und am modernsten, wobei nur der „Rossiya“ wirklich modern ist, die anderen haben durchaus noch Sowjet-Charme. Die hohen zweistelligen Züge halten schon öfter und die dreistelligen fahren i.d.R. nur Teilabschnitte und sind mit Regionalzügen vergleichbar.

In den Zügen gibt es 3 Klassen: Spálny Wagón „SW“ (1. Klasse), Kupény (2. Klasse) und Platskartny (sic! 3. Klasse), das sind Großraumwagen ohne abgetrennte Abteile. Die 1. und 2. Klasse unterscheiden sich nur durch die Zahl der Betten (2 bzw. 4) pro Abteil. Wir sind bis Irkutsk 2. Klasse im Baikal Express gefahren, von Irkutsk bis Khabarovsk 1. Klasse und den Rest bis Vladivostok wieder 2. Klasse. Insgesamt können wir die 2. Klasse mehr empfehlen, denn es ist – nach unserer Erfahrung – dort geselliger, man lernt mehr Leute kennen, es sind auch viele Einheimische im Waggon, während in der ersten überwiegend Touristen, davon viele Pauschalgruppen, reisen. In der Platskartny-Klasse ist das Reisen wirklich günstig, aber 6,5 Tage bis Vladivostok wären in den Großraumabteils ohne jegliche Privatsphäre doch ein wenig heftig. Alle Wagen sind klimatisiert, Fenster lassen sich nicht öffnen.

Ausstattung:

1. Klasse, „Spalny Waggon“, 2 Betten

Die Abteile sind deutlich komfortabler als deutsche Schlafwagen, die Betten sind ausreichend breit es gibt viele Staumöglichkeiten. In jedem Waggon gibt es eine Toilette, in den SW-Zügen gibt es im Zug auch immer eine Dusche (fragen!) in irgendeinem Waggon, kostet ca. 2-3 €. Dazu gibt es je 2 prowodniks (m) bzw. prowodnizas (w), Schaffner/innen pro Wagen, die sich den Tag in 12h-Schichten aufteilen. Zu deren Aufgaben gehört neben Infos u.a. das Saugen, Reinigen, Snickers-Verkaufen und das Aufpassen, daß beim Stop wieder alle einsteigen. In Filmen werden diese immer als „Drachen“ dargestellt, unsere waren allesamt ziemlich freundlich.

Für die Raucher gibt es am Ende jedes Waggons einen abgetrennten Bereich am Durchgang zum nächsten Wagen. Da man kein Fenster aufmachen kann, muß zur Entlüftung ab und zu die Zwischentür geöffnet werden, was den Lärmpegel drastisch erhöht. Meistens dienen Konservendosen als Aschenbecher.

Auf dem Gang gibt es Steckdosen zum Laden von Akkus, Handys, iPods, die Steckdosen sind die gleichen wie bei uns.

Verpflegung und Hygiene auf der Reise:

3. Klasse, „Platskartny“

Die Speisewagen haben wir sehr unterschiedlich erlebt, von gemütlich-rustikal bis extrem geschmacklos, das Essen war meist annehmbar, aber nicht berauschend. Ich würde einen Grundstock an Proviant empfehlen (Knäckebrot, Aufschnitt, Kekse, Käse, Kaffee etc.), Fertiggerichte wie Instant Noodles oder Kartoffelbrei sind auch gut, denn in jedem Wagen gibt es einen Samowar, aus dem 24h am Tag kochend heißes Wasser zu haben ist für Essen, Kaffee, Tee. Bei den Stops gibt es fast immer Babuschkas, die die vorgenannten Sachen, Würste, geräucherten Fisch, Pelmeni, Piroggi etc. verkaufen und meistens in guter Qualität. Bloß nicht zuviel Proviant zum Bahnhof mitschleppen, nicht zuletzt weil die mitreisenden Russen i.d.R. komplett ausgestattet sind und einem während der Fahrt fast schon freundlich „nötigen“, auch etwas von ihrem Essen zu probieren. Olga, unsere Abteilnachbarin auf der Fahrt nach Irkutsk, hat bei so ziemlich jedem unserer Essen noch ihren Kaviar (sic!), Brot und Wurst ausgepackt und  uns hingestellt, weit besseres Essen als wir es ihr anbieten konnten.

Ach so: Bier gibt es wirklich überall, im Speisewagen, es kommt ab und zu jemand mit einem Wagen durch den Zug und auf fast jedem Bahnsteig kann man es bei den „Bahnsteig-Omis“ oder im Kiosk kaufen. Zumindest eine kleine Flasche Wodka hat wohl jeder Transsib-Reisende dabei, da der warm aber nicht sonderlich gut schmeckt, versuchten bei uns alle jeweils ihren eigenen unters Volk zu werfen. Es galt bei uns die alte Regel „kein Bier vor vier“, aber da man pro Tag durch 2 Zeitzonen fährt, verliert man schnell den Überblick. :-)

Die sanitären Anlagen in den Zügen sind okay: In jedem Waggon gibt es eine Toilette, die mindestens einmal am Tag gesäubert wird. In unseren Zügen, allesamt aus der „Firmeny“-Klasse (also der obersten Kategorie), gab es auch jeweils in einem der mittleren Wagen eine Dusche, nach der man sich allerdings durchfragen mußte. Eine Prowodnitza hat einem dann für 100 Rubel (ca. 2 EUR) aufgeschlossen. Feine Sache, denn bei allein 3,5 Tagen bis nach Irkutsk und sommerlichen Temperaturen kann man schonmal ne Dusche gebrauchen, wir haben uns täglich eine gegönnt.

 → HIER geht´s weiter nach Moskau

 

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